Ein kunterbunter Haufen ist es, der sich an diesem denkwürdigen Morgen in der Heimat der Vilspanther zur Abfahrt versammelt. Mit dem erhofften Fanbus ist es zwar nichts geworden, doch es sind schon um einige Fans mehr als sonst, die sich da heute aufmachen zur Fahrt nach Vohenstrauß. Kunterbunt insofern, als dass sich das heutige Team aus U15-Mädels gleich mehrerer Mannschaften zusammensetzt. Dennoch hat man an diesem Tag von Anfang an das Gefühl, dass die bunte Truppe ein gemeinsames Ziel vor Augen hat und auch sonst wie eine echte Einheit auftritt. In Sachen Motivation ist das heute eh‘ eine „g’mahte Wies’n“ für Trainer Andreas. Denn die Mädels, die heute dabei sind, mussten dafür schon richtig kämpfen. Schließlich gab es nur fünfzehn Plätze für das Spiel der Spiele zu vergeben, und so hat es dieses Mal am Ende Polly und Maria getroffen. Umso schöner, dass Polly dann trotzdem und eigens zum Anfeuern angereist ist, was ihrer Mannschaft denn auch nochmal einen gehörigen Motivationsschub mit auf den Weg gibt.
Vom Papier her ist die Ausgangslage klar: Die Hausherren aus Altenstadt waren beim Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften in der Bezirksoberliga nicht nur drückend überlegen, sondern gewannen dabei am Ende mit 6:0 nicht nur verdient, sondern sogar fast noch zu niedrig. Noch dazu hat man eine Woche zuvor das Entscheidungsspiel um die Meisterschaft gegen den SC Regensburg für sich entschieden und darf sich seitdem mit dem Titel des Bezirksoberligameisters schmücken. Dementsprechend groß ist natürlich auch die Zuversicht, hier und heute das Double perfekt machen zu können. Und der äußere Rahmen ist dem heutigen Anlass durchaus angemessen. Spätestens nach dem offiziellen Pressefoto vor Beginn des Spiels ist jeder Spielerin klar, dass es an diesem Tag um etwas Besonderes geht, und auch die Kulisse von gut hundert Zuschauern ist für die meisten der Mädels um einiges größer als gewohnt.
Das Spiel beginnt, und schon nach wenigen Minuten merkt man: ganz so leicht wie in der Bezirksoberliga wird es heute für die Mannschaft aus Altenstadt nicht werden. Denn die Gäste überstehen den ersten Ansturm relativ schadlos und sind gerade dabei, ihrerseits das Spiel an sich zu ziehen, als der Abwehr ein folgenschwerer Fehler unterläuft und das Spielgerät kurz vor der eigenen Strafraumgrenze ebenso plötzlich wie unfreiwillig in den Besitz der Gastgeber übergeht. Und dann geht’s ruck-zuck. Pia Haberkorn ist es, die den Ball auf die Reise ins Netz der Vilspanther schickt. Torfrau Puschi versucht zwar noch irgendwie, das zu verhindern – aber vergebens. Und so steht es nach nur fünf Minuten bereits 1:0 für die Hausherren. Alles scheint also planmäßig zu verlaufen für die Mädels aus dem hohen Norden, und eine ganze Zeitlang sieht es nun so aus, als würde der Favorit seiner Rolle auch gerecht werden. Doch ganz allmählich befreien sich die Gäste mehr und mehr vom Druck der Altenstädter, und das Spiel beginnt sich langsam aber sicher in die Hälfte der Gastgeber zu verlagern. Sogar ein paar Torchancen gibt es jetzt für die Gäste, wenn auch nicht allzu zwingende. Trainer Andreas versucht es deshalb Mitte der ersten Halbzeit mit ein paar kleineren Änderungen in der Aufstellung. Kerstin wird von links außen ins Mittelfeld zurückbeordert; und an ihrer Stelle soll nun Lumpi die linke Spielfeldhälfte berennen. Der Rest bleibt weitestgehend : rechts vorne ackert und rackert Marie unermüdlich wie ein Duracell-Häschen, und auch Anna, die im Sturmzentrum mit Stürmer-Schlitzohr Lea getauscht hat und stattdessen jetzt als Zehner herumwuselt, steht ihr diesbezüglich in nichts nach. Im Mittelfeld zieht Theresa nun mehr und mehr die Fäden zusammen mit der fleißigen Emily, wodurch nun auch die gesamte Mannschaft immer besser ins Spiel kommt. Dahinter dann noch die Abwehr, die im Spielverlauf immer weniger Chancen der Gastgeber zulässt und so das ihrige dazu tut, dem Spiel der Vilspanther zunehmend Sicherheit zu geben. Die im Zentrum postierte Sandra gibt dabei den Fels in der Brandung, und dahinter fungiert Maria auf der eigentlich doch so ungeliebten Staubsaugerposition als der Abräumer vom Dienst. Die gerade eben noch rechtzeitig wieder fit gewordene Selina hat nach ihrer langen Verletzungspause auf links gleich mächtig viel zu tun und dabei zwar anfangs noch einige Probleme, gewinnt aber im Laufe des Spiels zusehends an Sicherheit und bekommt die Sache schließlich richtig gut in den Griff. Kapitän Anna-Lena muss aus taktischen Gründen dieses Mal auf der ungewohnten rechten Abwehrseite ganz schön hart arbeiten und praktisch alles aus sich herausholen, um ihre schnellen Gegenüber in Schach halten zu können. Nur gut, dass man dieses Mal eine gut gefüllte und starke Auswechselbank mit dabei hat. Mit Nadine, Paula und Franzi hat man noch drei heiße Eisen im Feuer, die dann auch prompt dringend gebraucht werden. Doch auch wenn sie jetzt deutlich Spielanteile zurückgewonnen haben – ein Tor für die Gäste will in dieser ersten Halbzeit scheinbar trotzdem nicht fallen. Kurz vor der Pause versucht’s Marie auf rechts außen mit einer langen Flanke vor’s Tor. Doch irgendwie klappt’s damit nicht so recht. Denn anstatt wie geplant im Strafraum wieder auf Mutter Erde zurückzukehren, wird das Ding lang und immer länger und senkt sich schließlich hinter der sich vergeblich reckenden Altenstädter Torfrau in die Maschen. Prompt gibt es auf und neben dem Platz jede Menge Jubel, Trubel, Heiterkeit – aber nur, wenn man zu den Vilspanthern gehört, versteht sich. Der Stimmungsumschwung auf dem Platz ist praktisch mit den Händen greifbar, und wenn man dieses Spiel im nachhinein noch einmal analysieren mag und dabei auf der Suche nach einem spielentscheidenden Moment ist : Genau das ist er ! Denn plötzlich strotzen die Gäste vor Selbstvertrauen, während vor den Gastgeber wohl zum ersten Mal überhaupt das Schreckgespenst einer möglichen Niederlage auftaucht. Das Spiel kippt nun deutlich auf die Seite der Kümmersbrucker, die die Gastgeber in den verbleibenden Minuten der ersten Halbzeit noch mächtig unter Druck setzen. Immerhin schaffen es die Altenstädter Mädels aber, sich ohne weitere „Schäden“ in die Pause zu retten.
In der Halbzeitpause steht dann Flüssigkeitsaufnahme ganz oben auf der Liste der Spielerinnen, die ihre mitgebrachten Wasservorräte derart flott dezimieren, dass selbst ein professionelles Kamel vor Neid erblassen würde. Aber schließlich haben es die heutigen Temperaturen auch durchaus in sich und würden selbst dem robustesten Schneemann in kurzer Zeit den Garaus machen. Daher gibt es neben taktischen Anweisungen und einem Päckchen aufmunternder Worte auch noch jede Menge Getränke für die Akteure. Und dann geht's auch schon wieder weiter.
Man merkt es den Altenstädter Mädels in den ersten Sekunden dieser zweiten Halbzeit deutlich an – sie wollen dieses Spiel jetzt unbedingt wieder an sich reißen. Doch irgendwie klappt das nicht mehr, denn die Gäste haben nun "Blut geleckt" und lassen nicht mehr locker. Keine zehn Minuten sind gespielt, da ist es erneut Marie, die in halbrechter Position durch einen Pass von Kerstin ins Spiel gebracht wird. Marie läuft ein paar Schritte, zielt genau, zieht ab – und die Vilspanther gehen mit 2:1 in Führung. Der Treffer zeigt Wirkung, denn kurzzeitig sind die Mädels von Trainer Christoph Böhmler nun völlig von der Rolle. Prompt unterläuft jetzt auch den Gastgebern wie schon den Vilspanthern in der ersten Halbzeit ein folgenschwerer Fehler im Spielaufbau. Nach einem missglückten Abstoß kommen die Kümmersbruckerinnen schnell wieder in Ballbesitz, und kurze Zeit geht es am Sechzehner der Altenstädter zu wie am Stand für Socken beim Sommerschlussverkauf. Kerstin macht der Sache schließlich ein Ende und jagt den Ball zum 3:1 in die Maschen. Nun geht es Schlag auf Schlag. Drei Minuten später kommt ein hoher Ball in den Strafraum der Hausherren gesegelt. Tatkräftig unterstützt von den anfeuernden Rufen der fachkundigen Zuschauer aus der Heimat eilt Lumpi mit Höchstgeschwindigkeit in den Strafraum und kommt gerade noch vor der aus ihrem Kasten herausstürzenden Keeperin an den Ball. Und gibt dem Leder damit die entscheidende Richtungsänderung, denn das Spielgerät hoppelt danach erneut über die Linie des Altenstädter Tores. 4:1 steht es damit, und auch wenn noch eine gute Viertelstunde zu spielen ist, ist das fast schon die Vorentscheidung. Doch noch geben sich die Gastgeber nicht geschlagen und blasen noch einmal zum Angriff. Und tatsächlich kommen sie zehn Minuten vor dem Ende zum Anschlusstreffer. Eva-Maria Walbert ist es, die sich nach einer guten Einzelleistung auf rechts außen durchsetzen kann, nach innen zieht und am Ende Puschi keine Chance lässt. Was durchaus bemerkenswert ist. Denn die Kümmersbrucker Torfrau, die zu Beginn erst mal ihr Nervenkostüm in Ordnung bringen musste, hat sich im Laufe des Spiels praktisch von Minute zu Minute gesteigert und mittlerweile durchaus ihren Anteil daran, dass die Altenstädter Torausbeute bis dahin nicht reichhaltiger ausgefallen ist. Nun aber muss sie erstmals nach längerer Zeit wieder hinter sich greifen,. Die letzten Minuten versprechen also beim Stand von nur noch 4:2 noch einmal spannend zu werden. Doch die Vilspanther haben nun einen entscheidenden Vorteil: mit Paula und Franzi können sie zwei frische Spielerinnen ins Geschehen werfen, und tatsächlich verschiebt sich das Spiel trotz des Anschlusstreffers wieder in die Spielhälfte der Gastgeber. Kurz vor Spielende dann die endgültige Entscheidung, die aber noch einmal mächtig für Wirbel sorgt. Ausgangspunkt der Szene ist ein Freistoß an der Strafraumgrenze der Altenstädter, den Kerstin zunächst einmal gar nicht so gut mitten in die die Mauer setzt. Doch Kerstin setzt nach, und das Leder kommt wieder in den Besitz der Vilspanther. Dann ein Schuss von der Strafraumgrenze. Ob Lea oder Kerstin der Schütze ist, lässt sich leider nicht mehr so genau sagen. Der Schuss jedenfalls knallt an die Unterkante der Latte, springt von dort nach unten – und dann wieder aus dem Tor heraus. Alle Augen richten sich in diesem Moment auf Schiedsrichterin Ulrike Schraml, die in dieser Situation wahrlich nicht zu beneiden ist. Als sie schließlich auf "Tor" entscheidet, hält sich die Begeisterung der Altenstädter Fans verständlicherweise in Grenzen, um es mal vorsichtig zu formulieren. Denn auch von den beiden Trainerbänken sah es tatsächlich auch nicht so aus, als wäre der Ball vollständig hinter der Linie gewesen. Ein nach Spielende und mit einigem Abstand geführtes Gespräch mit zwei in Höhe der Torlinie postierten Fans der Gäste bringt aber schließlich die Bestätigung: das Ding war tatsächlich drin. Respekt für die Schiedsrichterin, die mit ihrer Entscheidung (und ganz ohne Torlinientechnologie) wohl tatsächlich richtig lag. Spielentscheidend dürfte die Szene aber ohnehin nicht mehr gewesen sein. Denn ein paar Minuten später ist Schluss, und bei den Vilspanthern brechen nun alle Dämme. Erst recht, als Kapitän Anna-Lena wenig später den Bezirkspokal der U15-Juniorinnen in die Höhe recken kann.